Naturgut Boden ist besonders schützenswert

Verfolgt man die Berichterstattung in den letzten Wochen, so kann man den Eindruck gewinnen, dass es ohne einen Spaten in den Händen nicht mehr geht. Will man doch damit den Wählerinnen und Wählern Tatkraft und Entschlossenheit vermitteln. Schade nur, wenn dabei Sachverhalte nicht mehr korrekt wiedergegeben werden und den Bürgerinnen und Bürgern ein (Panda-)Bären aufgebunden werden soll. Denn so viel steht fest: Artenschutz ist in Deutschland keine verhandelbare Sache, sondern ein Gesetz. 

Bebauungsplan wurde vor Jahren aufgestellt

Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan (1. Teilbebauungsplan Gewerbegebiet Mörscher Weg, 5. Änderung) wurde am 20.04.2016 in öffentlicher Sitzung des Gemeinderates einschließlich des Beschlusses zur Erarbeitung einer Satzung über die örtlichen Bauvorschriften gefasst. Die Bekanntmachung erfolgte am 13.06.2016 in der HTZ. Das Verfahren wurde nach §13a BauG im beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung durchgeführt.

Im beschleunigten Verfahren gelten die Regelungen des vereinfachten Verfahrens. Man kann auf eine vorzeitige Bürgerbeteiligung verzichten. So das Gesetz. Das Risiko bei diesem Verfahren ist, dass man gegen die Flora- und Fauna-Habitatrichtlinie sowie gegen die Vogelschutzrichtlinie nach Europarecht verstößt. So die Fakten. 

Die Haubenlerche breitet sich in Hockenheim aus

Seit 2016 gibt es also in Hockenheim einen Aufstellungsbeschluss für ein Gewerbegebiet am Mörscher Weg und einige Unternehmen haben ihr Interesse bekundet, sich dort ansiedeln zu wollen. Mindestens seit 2017 brütet die Haubenlerche am Mörscher Weg, was der Stadt Hockenheim durch eine Mitteilung des Regierungspräsidiums Karlsruhe bekannt gemacht wurde. Während der Planungsarbeiten hat sich nun die Haubenlerche nicht nur am Mörscher Weg, sondern auch in anderen Gebieten in Hockenheim (Süd, Biblis) Brutplätze geschaffen. Eigentlich etwas, worüber man sich als Bürgerinnen und Bürger Hockenheims freuen könnte.

Da aber jedes dieser Gebiete Begehrlichkeiten nach Bauland, sei es für Unternehmen, Familien oder geflüchtete Menschen weckt, liegt das Dilemma auf der Hand: Auf der einen Seite der Ruf nach neuen Gewerbeflächen und Baugebieten – auf der anderen Seite der Artenschutz und der Erhalt landwirtschaftlich wertvoller Flächen.  

Konkrete Vorschläge bereits unterbreitet

Aus Sicht der Grünen Gemeinderatsfraktion ist klar, dass es nicht um eine polemische Entweder-oder-Diskussion gehen darf, sondern darum, im konstruktiven Austausch Vorschläge zu erarbeiten und umzusetzen. „Aus dem Dialog mit Bürger:innen haben wir bereits einige Ideen und Vorschläge entwickelt. Dazu zählen z.B. Vorschläge zur Innen- vor Außenentwicklung, die Entwicklung eines Schwammstadtkonzeptes oder auch die Einführung eines Leerstandskatasters“, so die Fraktion. Leider wollte man sich mit Alternativen bislang nicht wirklich beschäftigen und beklagt stattdessen eine wachsende Haubenlerchenpopulation.

Dabei ist der Erhalt der biologischen Vielfalt eine große ökologische Aufgabe. Denn gute Luft, sauberes Wasser und gute Böden hängen von der biologischen Vielfalt unserer Erde ab. „Biodiversität hilft im Kampf gegen den Klimawandel und verringert die Auswirkungen von Naturgefahren“, heißt es von Seiten der Fraktion abschließend.

Doch nicht nur die Grünen lehnen ein neues Baugebiet auf landwirtschaftlich wertvollen Flächen ab. „Wir müssen im Sinne der Nachhaltigkeit eine weitere ziellose Bebauung stoppen“, dafür tritt auch der Biologe Uwe Heidenreich ein. Gerade in unserem Ballungsraum könne festgestellt werden, dass der landwirtschaftlichen Nutzung und dem Arten- und Biotopschutz zunehmend durch den Flächenverbrauch Lebensgrundlagen entzogen werden. „Der nutzbare Boden geht zurück, wird verdichtet, die Grundwasserneubildung ist aufgrund der klimatischen Erwärmung rückläufig, so dass entscheidende Lebensgrundlagen zu knappen Gütern werden“, so Heidenreich.

Das Naturgut Boden sei aber besonders schützenswert. Jede Bebauung sei mit Flächenversiegelungen verbunden, die in den Wasserhaushalt eingreife und Biodiversität koste. Es müssten vorrangig die bestehenden Industrieflächen gemanagt und entsprechend überplant werden, so das Mitglied des Vorstands von NABU und BUND Hockenheimer Rheinebene. 

Die Naturschutzverbände sind besorgt, denn in der zweiten Offenlage des Regionalplans ist nicht erkennbar, dass das Flächensparziel überall angekommen ist. Schließlich spricht sich die Metropolregion Rhein-Neckar selbst für die oben genannten Ziele aus: „Der Verband Region Rhein-Neckar setzt sich im Rahmen des Arbeitsfelds Flächenmanagement dafür ein, die Überbauung von Freiflächen außerhalb von Siedlungsbereichen zu verringern. So sollen möglichst viele Flächen für die Landwirtschaft, aber auch für Ökologie und Naherholung, erhalten werden indem vorrangig innerörtliche Brachflächen einer Neu- bzw. Wiedernutzung zugeführt werden (https://www.m-r-n.com/was-wir-tun/themen-und-projekte/projekte/flaechenmanagement).“

(Bild ©: Uwe Heidenreich)

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