Versiegelte Flächen, auch in Hockenheim.

Kann die Rennstadt auch Schwammstadt?

Die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits heute für alle zu spüren, auch in unserer Stadt. Das Umweltbundesamt hat in seiner diesjährigen Klimawirkungs- und Risikoanalyse eine Beurteilung von 13 übergeordneten Handlungsfeldern und 102 einzelnen Klimawirkungen untersucht. Die Analyse zeigt die komplexen Zusammenhänge, welche letztendlich zur tatsächlichen Bedrohung für die Bevölkerung in vielen Belangen werden.

Als eine Folge des Klimawandels treten immer mehr Starkregenereignisse auf. In diesen gehen innerhalb kurzer Zeit Regenmengen nieder, die sonst innerhalb eines Monats oder mehreren Monaten anfallen. Der Regen trifft in den Städten, auch in Hockenheim, auf stark versiegelte Flächen. Diese Güsse belasten die Kanalisation, die nicht für diese Mengen an plötzlich auftretenden Oberflächenwasser ausgelegt sind und dieses dann nicht abtransportieren können. „Der Regen kommt nicht mehr dort an, wo er hingehört – in den Boden und damit auch nicht in das Grundwasser“, sagt Oliver Grein, grüner Stadtrat. Mittlerweile kommt es bereits zu lokalen Überschwemmungen oder Kellerflutungen. So kam in den letzten Wochen durch Starkregen, die Kanalisation in der Hockenheimer Innenstadt über ihre Kapazitätsgrenze und ungeklärtes Abwasser trat über die Kanalschächte in den Kraichbach aus. Im Bereich der Schackgärten/Stegwiesenpark trat Abwasser aus den Kanalabdeckungen und sorgte dort für Überflutungen.

Ein Ansatz dieser Herausforderung zu begegnen, ist das Konzept der Schwammstadt. Dieses sieht verschiedene Handlungsfelder vor. Durch das Vorsehen von Sicker- und Rückhaltemöglichkeiten werden die Kanäle und die Kläranlage, bei starkem Regen entlastet, da nicht mehr das ganze Oberflächenwasser in den Kanal geleitet wird. Durch Entsiegelung und Begrünung von Flächen wird der Effekt noch verstärkt. „Die Stadt saugt das Wasser wie ein Schwamm auf“, erläutert Grein das Konzept. Durch diese Wirkung müssen auch bestehende Kanäle nicht erneuert beziehungsweise vergrößert werden. In vielen Städten gibt es bereits entsprechende Umsetzungen. So werden beispielsweise Flächen entsiegelt und mit wasserdurchlässigem Material ausgeführt. Durch den Einsatz von Rigolen, eine Art Pufferspeicher unter der Straße bzw. Gehwegs, wird das Regenwasser aufgenommen und verzögert an das Erdreich weitergegeben. Setzt man dieses Prinzip beispielsweise bei Bäumen im Straßenraum ein, wird der Wasseraustrag sogar noch verstärkt, da der Wurzelballen ein zusätzliches Speichervolumen darstellt. Toller Nebeneffekt – der Baum kann so auch Trockenzeiten besser verkraften, da sich seine Bewässerung verbessert. Das Konzept wird dort angewendet, wo Flächen bereits versiegelt sind, also in bereits bebauten Bereichen. „Damit ist es für die Anwendung im Altbaubestand in den Innenstädten sehr gut geeignet.“ fügt Christian Keller hinzu. Larissa Rotter ergänzt: „Große Städte, wie zum Beispiel Wien, setzen bereits das Konzept um und tragen so auch zur Steigerung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt bei.“

Ein weiterer Konzeptpunkt sieht die Begrünung von Flächen vor, welche vielleicht hierfür noch nicht so von Bürgerinnen wahrgenommen werden – Fassaden und Dächer. Durch die Begrünung dieser Flächen wird nicht nur die Schwammwirkung verstärkt, sondern auch das innerstädtische Klima positiv beeinflusst. „Die Verdunstungsleistung dieser Grünflächen trägt zur Verbesserung des Klimas bei und kühlt in den heißen Sommern die Stadt.“, erläutert Elke Dörflinger. „Wir würden uns wünschen, dass die Stadt bei Renovierung und Neubau von öffentlichen Gebäuden, solche baulichen Ansätze aufgreift und ausführt, um damit praktische Beispiele für die Bürgerinnen zu geben. Die Stadt Mannheim setzt schon seit ein paar Jahren auf dieses Konzept der Fassadenbegrünung. Ein beeindruckendes Beispiel Fassadenbegrünung, welches auch schon Preise gewonnen hat, ist auf den Planken zu sehen.“

Die lokale Agenda „Hockenheim für Klimaschutz“ hat eine umfassende und informative Themensammlung auf ihrer Homepage (http://hockenheim-fuer-klimaschutz.de/) zusammengetragen. Dort können Interessierte weitere Informationen zum Thema Schwammstadt finden.

Die grüne Stadtratsfraktion hat nun eine entsprechende Anfrage zum Thema Hochwasserschutz und Schwammstadt an die Verwaltung gerichtet, um das Thema nun auch in Hockenheim zu platzieren. In der Anfrage wird u.a. nach der Erstellung einer kommunalen Starkregengefahrenkarte gefragt. „Das HÖP trägt seinen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz an der Kraichbach bei, aber wie sieht es mit Auswirkungen von Starkregen im restlichen Stadtgebiet aus?“, fragt Larissa Rotter.

„Der beste Beitrag zum Klimaschutz ist natürlich noch immer der, der von vornherein auf die Versiegelung von Flächen verzichtet. In Deutschland werden täglich 56 Hektar, eine Fläche so groß wie rund 73 Fußballfeldern, versiegelt. Im vom Gemeinderat beschlossenen Gesamtstädtischen Entwicklungskonzept (GEK) wurde ja als grundlegendes Ziel der nachhaltige Umgang mit der Ressource Boden festgelegt“, meint Adolf Härdle, Vorsitzender der grünen Stadtratsfraktion. „Die Ressource Boden hat eine Besonderheit, sie wächst nicht nach“, fügt Oliver Grein hinzu.

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